fr. Xaver M. Propach OP

Viel lieber wollte ich Jesuit werden.
Aber das war nicht, was Gott wollte.

„Ich lasse mich katholisch taufen!“ Nachdem ich als Teenager in meinem liberal-progressivem, kultur-protestantisch angehauchten Elternhaus, diese „Bombe“ habe platzen lassen, trat erst einmal Entsetzen ein. Fortan wurde mir beim Abendessen jede Silbe des damaligen deutschen Pontifex und jede liturgische „Neuerung“, im wahrsten Sinne des Wortes, aufs Butterbrot geschmiert. Dennoch wurde meine Entscheidung im Geist liberaler Offenheit akzeptiert und als Entscheidung wertgeschätzt.

Nach dem Abitur trat ich ins Priesterseminar in Paderborn ein. Es waren wundervolle zwei Jahre, doch am Ende überwog die Liebe zur Philosophie, weswegen ich das Seminar und Paderborn verließ und in München meine Studien bei den Jesuiten beendete. Im Nachhinein bin ich davon überzeugt, dass das im Anschluss begonnene Promotionsstudium, das Dozieren an der Universität und das Leben in Beziehungen – so erfüllend das alles war – die Berufung zum Priester bloß überlagerte. Denn als die ersten Beziehungen in die Krise kamen und die ersten akademischen Früchte geerntet wurden, tauchte die Frage nach der Berufung wieder auf. Gott lässt nicht locker!

Thomas von Aquin schreibt an einer Stelle in der Summa Theologiae: Im Glaubensleben geht es nicht darum, zu wollen was Gott will, sondern zu wollen, wovon Gott will, dass wir es wollen. Was Gott will, erkennen wir, so Thomas, im Nachhinein durch den Lauf der Geschichte. Was Gott will, dass wir es wollen erkennen wir dagegen aus unserer Natur. Auf Deutsch gesagt bedeutet Berufung also: Was Gott in mir an Sehnsucht und Streben angelegt hat, das soll ich erkennen und aus freien Stücken entfalten.

Mittlerweile hatte ich erkannt, dass Gott mich nicht zum Dienst als Weltpriester in einer Diözese berufen hatte. Aber wozu dann? Aufgrund meiner Studien bei den Jesuiten und, weil ich mich in meiner zweiten Dissertation mit diesem Orden intensiv auseinandergesetzt hatte, begann ich dort mit der Suche. Bis heute tief beeindruckt vom Charisma der Jesuiten und bewegt von zahlreichen jesuitischen Glaubenszeugen, kam ich nach einem Jahr zum Schluss, dass ich zwar gerne Jesuit werden wollte, aber Gott offensichtlich nicht die dafür notwendigen Voraussetzungen in mich eingeschrieben hat. Es war klar: Jesuit werden, das ist nicht, wovon Gott will, dass ich es will.

Zwei Ereignisse trugen dann rasch und ganz entscheidend dazu bei, in den Dominikanerorden einzutreten: 2022 traf ich den Autor eines für meine philosophische Forschung ganz maßgeblichen Buches. Neugierig war ich bereits, weil er mittlerweile einen neuen Namen trug und als wir uns schließlich im Hofgarten in München trafen, stand er mir, ganz in Weiß gekleidet, gegenüber. Nach seiner Promotion war er in die US-Westküstenprovinz der Dominikaner eingetreten und lehrt dort mittlerweile Philosophie. Als uns nach fünf Stunden die Glocken von Sankt Kajetan aus dem Gespräch rissen, war ich zutiefst bewegt: Selten hatte ich eine Person kennengelernt, bei der Gelehrsamkeit und Frömmigkeit, wissenschaftliches Suchen und priesterliche Lebensform so organisch miteinander harmonierten.

Einige Wochen später – ich war gerade für ein Forschungsaufenthalt im sommerlich-heißen Tokyo – bekam ich unverhofft zwei universitäre Jobangebote für die akademische Welt, die ich bei gesundem Menschenverstand betrachtet niemals hätte ablehnen dürfen: Denn mir wurde auf einem Silbertablett angeboten, was ich mir doch seit langem gewünscht hatte. Und doch war mir binnen weniger Sekunden glasklar: „Das ist nicht, wovon Gott will, dass ich es will!“

Normalerweise nicht zu Bauchgefühlen neigend, schenkte Gott mir in diesem Augenblick die Gnade, dieses Gefühl nicht bloß zu bemerken, sondern ihm auch zu vertrauen. Kaum zurück aus Japan besuchte ich so viele Dominikanerkonvente wie meine beruflichen Pflichten es erlaubten. Und aus dem Bauchgefühl wurde eine freudige Sehnsucht und Kraft, den Sprung in das Ordensleben in der Nachfolge des Heiligen Dominikus zu wagen: Ich schenkte ohne Zaudern mein Hab und Gut meinen Freunden, gab meine Wohnung und meinen Job in München auf, trat am 17. März 2023 ins Postulat der Dominikaner ein und wurde am 8. August als Novize eingekleidet. Am 14. September 2024 legte ich die zeitliche Profess ab.

Dank der Gnade Gottes habe ich diesen Schritt bis heute keinen Augenblick bereut!

Einen akademischen Lebenslauf und eine Liste wissenschaftlicher Publikationen finden Sie hier.